Arbeit neu denken
Eine Querschnittsaufgabe: Um innovatives Arbeiten zu ermöglichen, kooperieren in Deutschland Politik, Wissenschaft und Wirtschaft umfassend und mit dem Blick für internationale Entwicklungen.
- „Arbeitswelten der Zukunft“
- Praxisnahe Hochschulen
- Innovationsträger aus Wirtschaft und Wissenschaft
Die Digitalisierung kennt keine Grenzen. Sie erfasst die Bildungs- wie die Arbeitswelt und prägt weltweit Zukunftsentwicklungen. Deutschland diskutiert Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung umfassend – und sucht dabei auch den Austausch mit seinen internationalen Partnern.
Ein Beispiel aus Brasilien
Auf zwei herausragenden Veranstaltungen des brasilianischen Wissenschaftsjahrs 2018 beschäftigen sich die Teilnehmer auf Initiative des Deutschen Wissenschafts- und Innovationshauses (DWIH) São Paulo intensiv mit der Digitalisierung in Beruf, Forschung und Bildung – auf der 70. Jahrestagung der Brasilianischen Gesellschaft für den Fortschritt der Wissenschaften (SBPC) ebenso wie während des 7. Deutsch-Brasilianischen Dialogs über Wissenschaft, Forschung und Innovation.
„Deutschland ist ein hochindustrialisiertes und produktives Land, in dem das Thema Industrie 4.0 sehr entwickelt ist“, sagt im Gespräch mit dem DWIH São Paulo Ronald Dauscha, Direktor des Fraunhofer Liason Office in Brasilien. In dem südamerikanischen Land sei man zwar noch etwas skeptischer, aber: „Der öffentliche Sektor hat in letzter Zeit viele Studien zum Thema in Auftrag gegeben. Brasilien will diese historische Gelegenheit nicht verpassen“, so Dauscha.
„Arbeitswelten der Zukunft“
Es ist kein Zufall, dass die weitreichende Veränderung der Arbeitswelt vom weltweiten Netzwerk der DWIH aufgegriffen wird. Diese stehen für internationalen wie interdisziplinären Austausch: „Die Vernetzung der internationalen Aktivitäten deutscher Hochschulen, außeruniversitärer Forschungseinrichtungen und forschender Wirtschaft an strategischen Standorten ist ein Alleinstellungsmerkmal der DWIH“, sagt etwa DAAD-Präsidentin Professor Margret Wintermantel. Die Digitalisierung der Arbeitswelt bedeutet eben beides: ganz konkrete Konsequenzen, etwa für Fabriken und Produktionsprozesse, und zugleich die anhaltende thematische Auseinandersetzung. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) initiierte Wissenschaftsjahr 2018 widmet sich den „Arbeitswelten der Zukunft“ mit zahlreichen Veranstaltungen, bei denen zum Beispiel cyber-physische Systeme diskutiert werden, aber auch das digital gestützte Lernen in der ambulanten Pflege. Das neue BMBF-Programm „Zukunft der Arbeit“ betont die Bedeutung sozialer Innovationen in der digitalisierten Arbeitswelt und hebt hervor: „Wir fördern Projekte, die modellhaft aufzeigen, wie in der digitalen Arbeitswelt von morgen die Beschäftigung gesichert, die Arbeitsbedingungen verbessert und die Produktivität gesteigert werden können.“
Praxisnahe Hochschulen
An deutschen Hochschulen wird die Zukunft der Arbeit analysiert und reflektiert – und zugleich getestet und praxisnah erarbeitet. Die Demonstrationsfabrik der RWTH Aachen dient zum Beispiel zur Verdeutlichung des Prinzips Industrie 4.0. In Kooperation mit Partnern aus dem universitären Umfeld und der Industrie werden Produktionsabläufe der Blechbearbeitung in realen Fabriksituationen veranschaulicht.
Die Technische Universität Dortmund widmet sich derweil mit einem groß angelegten sozialwissenschaftlichen Forschungsgebiet neuen Formen der Industriearbeit. Wie verändern sich zum Beispiel die Qualifikationsbedarfe für die Berufstätigen? Professor Hartmut Hirsch-Kreinsen, dessen Forschungsvorhaben „Wandel von Produktionsarbeit“ von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird, betont die Chancen der Digitalisierung: „Zwar wurden oft kurzfristig Arbeitsplätze durch Automatisierung überflüssig, jedoch wurde dies stets durch die Entstehung neuer Jobs kompensiert. Nichts spricht dagegen, dass dies auch in Zukunft der Fall sein wird.“ Für Hirsch-Kreinsen ist es nicht die Automatisierung, die das Verhältnis von Mensch und Maschine bestimmt, „sondern die politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen, wie diese Technik eingesetzt wird“.
Open Hybrid LabFactory
Am Forschungscampus Open Hybrid LabFactory der Technischen Universität Braunschweig entstehen – in engem Austausch mit Partnern aus der Industrie – innovative Leichtbaukonzepte. Dabei setzen die Entwickler auf hohe Automatisierungsgrade und die praxisnahe Erprobung der Mensch-Roboter-Kollaboration.
In Deutschland stellt sich die Politik dieser Aufgabe. In ihren 2017 veröffentlichten „Leitlinien für die digitale Transformation“ betonen die drei Bundesministerien für Wirtschaft und Energie, Arbeit und Soziales sowie Justiz und Verbraucherschutz: „Eine vorausschauende Antwort besteht darin, die Beschäftigten auf einen dynamischen Wandel der Arbeitswelt vorzubereiten und Strukturen zu schaffen, die ihnen den Erhalt von Qualifikationen und Beschäftigungsfähigkeit im Verlauf der ganzen Erwerbsbiografie ermöglichen.“ Wie Unternehmen Automatisierung, Robotisierung und den Einsatz von Künstlicher Intelligenz verantwortungsvoll gestalten können, war eine der zentralen Fragen der Teilnehmerkonferenz 2018 des Deutschen Global Compact Netzwerks, welches vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und dem Auswärtigen Amt wesentlich unterstützt wird.
Innovationsträger aus Wirtschaft und Wissenschaft
Die Zukunft der Arbeit ist eine Querschnittsaufgabe. Gemeistert wird sie, wenn die Innovationsträger aus Wissenschaft und Wirtschaft erfolgreich zusammenarbeiten – und wenn sie positive politische Rahmenbedingungen vorfinden. Wie das gelingen kann, zeigt exemplarisch die Entstehung des Cyber Valley in der Region Stuttgart-Tübingen, eine der größten Forschungskooperationen Europas im Bereich der Künstlichen Intelligenz.
Gefördert vom Land Baden-Württemberg werden dort die Aktivitäten von internationalen Unternehmen wie etwa Amazon, BMW und Bosch ebenso gebündelt wie die Arbeit der Universitäten in Stuttgart und Tübingen und des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme. „Das Cyber Valley soll ein Ort sein, an dem die technologischen Grundlagen für unsere digitale Zukunft gelegt werden“, sagte Professor Martin Stratmann, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, zum Auftakt des Innovationszentrums.